Auf dem Bundestreffen haben sich die säkularen Sozialdemokratinnen und -demokraten erneut für einen Arbeitskreis auf Bundesebene der SPD ausgesprochen.Der Beschluß im Wortlaut:
1. Beschluss des Bundestreffens der Säkularen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, beschlossen in Hamburg am 10.09.2016
Die SPD muss wieder die Partei der Freiheit des Geistes werden und sich für eine zukunftsfähige Religions- und Weltanschauungspolitik öffnen!
In unserer eigenen Partei, der SPD, haben sich die Führungsgremien seit langem gegen eine kritische Diskussion des überkommenen und reformbedürftigen Religions- und Weltanschauungsrechts in Deutschland ausgesprochen. Eigene weltanschauliche Arbeitskreise sind in der SPD bundesweit nur zu Religionsgemeinschaften erlaubt. Säkularen, Konfessionsfreien, atheistisch oder agnostisch orientierten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wird Vergleichbares verwehrt. Die Friedrich Ebert Stiftung verhält sich ebenso. Das mittler-weile über sechs Jahre anhaltende beharrliche Engagement der Laizistischen Sozialdemokra-tInnen konnte daran nichts Grundsätzliches ändern. Dabei verfügt die Sozialdemokratie über eine besondere säkulare sowie humanistische Tradition, versteht sich seit dem Godesberger Programm von 1959 als eine Gemeinschaft von Menschen, die aus verschiedenen Glaubens- und Denkrichtungen kommen und erhebt für sich den Anspruch, die Partei der Freiheit des Geistes zu sein. Es ist egal, ob eine solche Blockadehaltung führender Genossinnen und Genossen aus einer unzulässigen Vermischung zwischen eigenem Glauben und innerparteili-chem Amt oder aus taktischem Kalkül erwächst. Falsch und einer offenen Partei wesens-fremd ist diese Blockade allemal. Die SPD darf hier nicht länger einseitig agieren und passiv bleiben. Sie muss sich diesen Themen gegenüber öffnen, will sie ihrem Anspruch Partei der Freiheit des Geistes zu sein, wirklich entsprechen.
Die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht vor einem programmatischen Aufbruch zur Wei-terentwicklung des überkommenen und reformbedürftigen Religions- und Weltanschauungsrechts in Deutschland. Damit greifen die Grünen einen Reformbedarf auf, der im Blick auf die wachsende weltanschauliche und religiöse Vielfalt in unserem Land an Bedeu-tung gewinnt und dessen Auflösung längst überfällig ist. Die Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ ist ein Gremium des Bundesvorstands der Grünen. Es wurde 2013 berufen nach einem zuvor gefassten Beschluss der Bundesdelegiertenkonfe-renz der Partei. Die Kommission ist weltanschaulich plural konzipiert – in ihr arbeiten Partei-angehörige religiöser, atheistischer und agnostischer Überzeugung. Die Säkularen Grünen – ein bundesweiter Arbeitskreis, der mittlerweile als Bundesarbeitsgemeinschaft der Grünen anerkannt worden ist – waren ebenfalls in der Kommission vertreten. Der nun vorgelegte Abschlussbericht der Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ ist das Ergebnis einer zweijährigen Arbeit. Damit schlagen die Grünen ein umfangreiches Konzept zur Reform des Verhältnisses zwischen Staat, Kirchen und Weltanschauungsgemein-schaften vor, das noch in diesem Jahr einer Bundesdelegiertenkonferenz zur Beschlussfas-sung vorgelegt werden wird.
Auch wenn wir als säkulare Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht alle Inhalte dieses Abschlussberichtes teilen, bleibt festzuhalten: Der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann auf dieser Grundlage eine zeitgemäße und langfristig wegweisende religionspolitische Positionierung gelingen. Mit diesen Reformvorschlägen eröffnet sie auch eine längst überfällige Diskussion über die Religions- und Weltanschauungspolitik in Deutschland sowie über die Bedeutung und Ausformung staatlicher Neutralität gegenüber Religionen und Weltanschauungen in einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft. Dieser politische Vorstoß ist bei den im Bundestag vertretenen Parteien bisher ohne Beispiel. Die Grünen kommen auf diese Weise einmal mehr in eine Vorreiterrolle – sowohl programmatisch als auch im Blick auf die innerparteiliche Demokratie.
Wir fordern unsere eigene Partei, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, erneut und einmal mehr dazu auf, nach dem Vorbild der Grünen, endlich auch bei uns säkulare Arbeitsstrukturen in der Partei zuzulassen und in eine ergebnisoffene Diskussion zur Weiterentwick-lung des überkommenen und reformbedürftigen Religions- und Weltanschauungsrechts ein-zutreten. Die SPD soll außerdem eine religions- und weltanschauungspolitische Kommission ins Leben rufen, um ein Arbeitspapier auf Augenhöhe zu der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN zu erarbeiten.